Presseinformation

Bundesweites Netzwerk geplant / Inhalte kommen von den Nutzern

Erfurt, 10. März 2021.

Thüringer Lotsen und Lotsinnen, die Menschen mit Suchtproblemen begleiten und bei der Bewältigung ihrer Erkrankung unterstützen, sind ab jetzt auch digital vernetzt und für Hilfesuchende schnell auffindbar. Der Fachverband Drogen- und Suchthilfe e.V. bietet mit dem Lotsennetzwerk Thüringen dafür die bundesweit erste App für Lotsennetzwerke an. Finanziell unterstützt wird die App durch die Techniker Krankenkasse (TK).

In der App finden Menschen mit Suchtproblemen und ihre Angehörigen schnell und transparent Informationen zu unterschiedlichen Krankheitsbildern, Thüringer Kontaktstellen für Hilfe und – besonders wichtig – von Betroffenen selbst erstellte Beiträge, die praktische Unterstützung bieten. Helfer und Helferinnen, die den Weg aus der Sucht begleiten, sogenannte Lotsen und Lotsinnen, sind mit einem Klick erreichbar.

„Wir stehen mit dieser zunächst auf Thüringen begrenzten App am Anfang unseres Vorhabens, gemeinsam mit unseren Partnern ein bundesweites Netzwerk für Suchtkranke via App anzubieten“, betont Friederike Neugebauer, Geschäftsführerin des Fachverbandes Drogen- und Suchthilfe e. V. „Gerade auch zu Corona-Zeiten, ist dieses neue Portal von besonderer Bedeutung, unter anderem um die kaum umsetzbaren bzw. seltener stattfindenden Gruppentreffen zu kompensieren.“

Lotsenbegleitung als niedrigschwellige Hilfe
Frank Hübner, Projektleiter des Lotsennetzwerks Thüringen, weiß aus eigener Erfahrung, wie hilfreich ein Lotse aus der Sucht sein kann: „Als ich vor über 30 Jahren aufgehört habe Alkohol zu konsumieren, gab es in den sogenannten Neuen Bundesländern weder eine flächendeckende Suchtselbsthilfe, geschweige denn ein Lotsennetzwerk. Ich kann mir vorstellen, dass ein persönlicher Kontakt zu einem Menschen, der das Gleiche durchlebt hat wie ich, hilfreich gewesen wäre und den Leidensweg für mich und meine Familie verkürzt hätte. Genau das ist der Grund für mein Engagement im Lotsennetzwerk Thüringen. Es gibt viele Wege aus der Sucht, eine Lotsenbegleitung ist für Hilfesuchende ein sehr niedrigschwelliger Weg, der nun auch digital möglich wird.“

 

Friederike Neigebauer, Geschäftsführerin des fdr+ e.V.

Frank Hübner, Projektleiter Lotsennetzwerk Thüringen

Uwe Große-Wortmann, Geschäftsführer der MediaFoundation GmbH

Zeitgemäße digitale Unterstützung für Austausch
„In der Selbsthilfe sind direkter Austausch und Erfahrungen anderer Betroffener besonders wichtig. So können sich Erkrankte gegenseitig stärken“, sagt Guido Dressel, Leiter der TK-Landesvertretung Thüringen. „Digitale Anwendungen wie die App des Lotsennetzwerks Thüringen sind eine pragmatische und vor allem zeitgemäße technische Unterstützung dieser gegenseitigen Hilfe, die wir als TK selbstverständlich fördern. In der Pandemie mit den daraus resultierenden Kontaktbeschränkungen kommt dem digitalen Austausch eine besondere Bedeutung zu. Gleichzeitig bin ich überzeugt, dass er auch danach eine wertvolle Ergänzung zu Präsenztreffen sein wird, zum Beispiel für die erste Kontaktaufnahme und um größere Distanzen unkompliziert zu überwinden.“

Landkarte der Thüringer Lotsen und über 20 Beiträge Betroffener
Die Funktionen der Selbsthilfe-App erklärt der Entwickler Uwe Große-Wortmann, Geschäftsführer der Media Foundation GmbH, so: „Wir haben die App bewusst so rudimentär wie möglich gestaltet, um nicht durch technische Spielereien den Zugang unnötig zu erschweren.“

Mit fünf Buttons können Nutzer und Nutzerinnen sich durch die gesamte App navigieren. Video- und Audio Beiträge informieren über die Hilfesysteme aus der Region Thüringen, eine Landkarte zeigt die zur Verfügung stehenden Lotsen und Lotsinnen an, die über einen weiteren Klick kontaktiert werden können.

„Das Ganze ist, oberflächlich betrachtet, eine Bündelung von regionalen suchtspezifischen Informationen. Entscheidend dabei ist aber, dass die Informationen von den Nutzern selbst kommen. Eigene Videos, eigene Schicksale, regionale Veranstaltungen. Das macht dieses App-Prinzip einzigartig“, sagt Große-Wortmann.

Dabei unterstützen sollen Gruppen-Schulungen, die in erster Linie dazu dienen, die Hemmschwelle abzubauen und selbst ein kleines Video zu den subjektiv aktuellen Befindlichkeiten zu drehen. „Unsere fünfjährige Praxis im Bereich der Selbsthilfe-Apps hat bestätigt, dass diese Idee funktioniert“, sagt Große-Wortmann. Zum Start sind bereits über 20 Video- und Audiobeiträge in der App vorhanden.